Durch Mark und Bein - Alkohol und der Knochenstoffwechsel
Ein ungeplanter Verlauf einer geplanten Operation …
Drei Tage im Krankenhaus, zwei Wochen Krücken, schmerzfreies Gehen und volle Mobilität nach spätestens vier Wochen, dann auf nach Italien in die Ferien. So war der ursprüngliche Plan. Am Ende kam es aber doch anders. Eine unvorhergesehene Komplikation hat dazu geführt, dass ich nun wahrscheinlich 12 Wochen lang an Krücken gehen muss und das Bein in den ersten Wochen auch nicht stark belasten kann. Der Traum von Sonne, Strand und dolce Vita geplatzt, meine Zeit verbringe ich die nächsten Wochen mehr oder weniger in meinen vier Wänden. Ich habe festgestellt, dass Lesen, Netflix und Co. für zwei, drei Tage ganz gut ist, danach wird es doch ein bisschen langweilig. Ausreden habe ich keine mehr und Zeit mehr als genug, also nutze ich die Gelegenheit, mich endlich wieder meinem lang vernachlässigten Blog zu widmen. Wenn man ein gebrochenes Bein hat, ist das Thema auch schnell gefunden:
Wie wirkt sich der Alkoholkonsum auf die Knochen aus?
Alkohol ist ein Zellgift, das so ziemlich jedes Organ im Körper schädigen kann. Also ja, auch unser Skelettsystem ist davon betroffen. Aber was genau sind die Mechanismen, betrifft es nur die Frakturheilung oder ist auch der gesunde Knochen betroffen? Und wie wirkt sich Alkohol in der Wachstumsphase aus? Ist mässiger Konsum in Ordnung oder schaden schon kleine Mengen? Diesen Fragen wollte ich auf den Grund gehen und durchforstete medizinische Datenbanken.
Um zu verstehen, wie Alkohol die Knochen schädigt, ist es wichtig zu wissen, woraus Knochen bestehen, wie sie gebildet werden und was sie für ein gesundes Wachstum brauchen. Wenn man an die versteinerten Skelette von Dinosauriern denkt, die Millionen Jahre nach ihrem Tod aus der Erde geholt werden, denkt man nicht unbedingt daran, dass Knochen ein sehr vitales Gewebe sind, in dem lebenslange Wachstums- und Umbauprozesse stattfinden. Knochen sind für unseren Körper ziemlich wichtig. Sie stützen und bewegen uns, schützen wichtige Organe wie Gehirn, Herz und Lunge, sind an der Blutbildung beteiligt und dienen als Kalziumspeicher. Knochen bestehen aus Zellen, die von einer harten Matrix aus Kalziumkristallen und Eiweißfasern umgeben sind. Blutgefäße sorgen dafür, dass die Knochen mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt werden. Man unterscheidet zwei Arten von Knochengewebe. Die äußere Schicht besteht aus besonders dichten und dicken Rindenknochen, auch als Kortikalis bezeichnet. Sie bilden die Schäfte der Röhrenknochen in Armen und Beinen. Im Inneren haben wir die Spongiosa, ein poröses Geflecht aus dünnen Knochenbälkchen, den sogenannten Trabekeln. Sie kommt vor allem an den Enden der Röhrenknochen und in der Wirbelsäule vor.
Körperliche Aktivität und eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen, vor allem Kalzium, Vitamin D und Eiweiß, sorgen dafür, dass unsere Knochen stark und belastbar bleiben.
Von der Geburt bis zum Ende der Pubertät wachsen unsere Knochen schnell. Nach Abschluss des Längenwachstums nimmt die Knochenmasse weiter zu. Die maximale Knochenmasse erreichen wir zwischen dem 9. und 18. Lebensjahr.
Auch im Erwachsenenalter werden die Knochen ständig umgebaut und ersetzt, damit sie stark und widerstandsfähig bleiben und sich an wechselnde Belastungen anpassen können. Zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr nimmt die Knochendichte ab, was bis zum 70. Lebensjahr zu einer Abnahme der Skelettmasse von 30–40 % führt. Nach den Wechseljahren verlieren Frauen schneller an Knochenmasse. Mit zunehmendem Alter werden Knochen schwächer und können schon bei geringerer Belastung brechen. Das trifft vor allem bei der Osteoporose, auch Knochenschwund genannt, zu. Bei dieser Erkrankung geht in kurzer Zeit zu viel Knochenmasse verloren. Betroffene haben ein größeres Risiko für Knochenbrüche, vor allem im Bereich der Wirbelsäule, der Oberschenkel und der Arme.
Hormone spielen eine wichtige Rolle für unseren Knochenstoffwechsel. Deshalb sind Frauen, die in die Wechseljahre kommen, besonders anfällig für Osteoporose. Denn der Körper bildet dann weniger Östrogene, die die Knochen vor vorzeitigen Abbau schützen, indem sie die knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) hemmen. Aber auch Männer können Osteoporose bekommen. Die größten Risiken sind hier vor allem ein Testosteronmangel, der u.a. durch Medikamente, aber auch durch Alkoholkonsum verursacht werden kann.
Alkohol und der Kalziumstoffwechsel
Jetzt wird's etwas kompliziert, aber ich versuche, es so einfach wie möglich zu erklären. Knochen sind nämlich ein wichtiger Speicher für Kalzium und andere Mineralien. Kalzium übernimmt in unserem Körper viele wichtige Funktionen. Wir brauchen es nicht nur für stabile Knochen und starke Zähne. Kalzium steuert die Muskelfunktion, den Herzrhythmus, ist wichtig für die Blutgerinnung und die Funktion vieler Enzyme. Der Dünndarm nimmt Kalzium aus der Nahrung auf und die Nieren scheiden überschüssiges Kalzium wieder aus. Für die Resorption von Kalzium benötigt der Körper Vitamin D. Damit Nerven und Muskeln richtig funktionieren, muss der Kalziumspiegel im Blut stimmen. Über die Bildung verschiedener Hormone (z.B. Parathormon, Calcitonin), Wachstumsfaktoren und Vitamin D stellt der Körper sicher, dass die Kalziumkonzentration im Blut immer genau richtig ist und reguliert so den Kalziumfluss zwischen Blut und Knochen. Alkohol beeinflusst diese Hormone und stört so den Kalziumstoffwechsel. Das führt dazu, weniger Kalzium über den Darm aufnehmen und mehr über die Nieren ausscheiden. Um den Kalziumspiegel im Blut konstant zu halten, muss der Körper unseren Kalziumspeicher im Knochen anzapfen, was wiederum die Knochen schwächt.
Alkohol in der Wachstumsphase
Wer regelmäßig und viel Alkohol trinkt, schadet damit in jedem Alter seinen Knochen. Alkohol ist für junge Knochen, heranwachsende Knochen aber besonders schädlich. Er verringert die maximale Knochendichte und führt zu relativ schwachen Knochen bei Erwachsenen, die dann anfälliger für Brüche sind.
Auswirkungen auf die Knochenheilung
Wie in meinem Fall mit dem gebrochenen Bein ist es auch hier ratsam, auf Alkohol zu verzichten. Denn es gibt Hinweise darauf, dass Alkohol die Kallusbildung verzögern kann. Kallus ist eine Knochenschwiele, die sich beim Zusammenwachsen der Bruchstelle bildet. Durch Einlagerung von Kalzium verknöchert der Kallus und mit der Zeit bildet sich neues Knochengewebe. Neben der Störung des Vitamin D und Kalziumstoffwechsels hemmt Alkohol vermutlich direkt die Aktivität der knochenaufbauenden Zellen (Osteoblasten). Ohne eine richtige Kallusbildung, verzögert sich die Frakturheilung bzw. bleibt ganz aus.
Wie viel ist zu viel?
Es ist unstrittig, dass ein hoher und regelmäßiger Konsum den Knochen schadet. Aber wie sieht es mit dem gelegentlichen Gläschen aus? Ist das auch schädlich? Hier gehen die Meinungen auseinander und auch die Wissenschaft liefert unterschiedliche Ergebnisse. Es gibt tatsächlich ein paar Studien, die zeigen, dass Menschen mit einem geringen Alkoholkonsum eine bessere Knochenmineralisierung haben als Menschen, die komplett auf Alkohol verzichten. Ich würde da aber vorsichtig sein. Die meisten Erwachsenen auf der Welt trinken Alkohol oder haben es zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben mal getan. Es ist gar nicht so einfach, für eine Studie genug lebenslange Abstinenzler zu finden, die noch nie in ihrem Leben Alkohol getrunken haben. Das heißt, in der nüchternen Vergleichsgruppe sind oft Leute, die früher viel Alkohol getrunken haben und vielleicht schon Schäden davongetragen haben. Eine Studie aus dem Jahr 2022 hat außerdem gezeigt, dass selbst wenn sich die Knochenmineraldichte nicht verändert, der Alkoholkonsum den Anteil des Kollagens und die Dicke der Knochentrabekel verringert und die Knochenbrüchigkeit erhöht.
Das heißt für mich: Ich achte auf eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D, übe mich in Geduld und zum Vino sage ich lieber No!